Das Parlament diskutiert zurzeit über die Weiterentwicklung des Schweizer Verkehrssystems. 11,6 Milliarden Franken möchte der Bundesrat bis 2027 in Ausbau, Betrieb und Unterhalt der Schweizer Nationalstrassen investieren. Weitere 1,6 Milliarden sollen ergänzend für Projekte auf allen Verkehrsträgern in den Agglomerationen gesprochen werden.
Alle bürgerlichen Bundeshausparteien stehen hinter dem Vorhaben. Denn sie wissen: Für einen sicheren, verlässlichen und nachhaltigen Verkehr braucht es diese Investitionen. Die Bereitstellung von hervorragenden Infrastrukturen ist eine Kernaufgabe des Staates in Zusammenarbeit mit der Baubranche.
Die hohe Qualität des Strassen- und Schienennetzes ist eine Visitenkarte der Schweiz, um die uns viele andere Länder beneiden.
Nur die SP, die Grünen und Grünliberalen schlagen in eine andere Kerbe und lehnen die Weiterentwicklung der Nationalstrassen ideologisch ab. Die freie, sichere und nachhaltige Mobilität ist ihnen offenbar ein Dorn im Auge.
Nachhaltigkeit muss als Begründung herhalten
Leider muss gerade die Nachhaltigkeit als Begründung herhalten: Mehr Strassen würden nur zu mehr Verkehr führen, die Landschaft würde auf Kosten der Umwelt zubetoniert. Und überhaupt sei der Individualverkehr nicht mit der Klimaneutralität zu vereinbaren. Stattdessen werden radikale Einschränkungen der Mobilität gefordert. Keine schöne Zukunftsaussicht!
Wer genauer hinschaut, merkt ausserdem schnell, dass die vorgebrachten Argumente nicht standhalten: Der Verkehr hat in den letzten 20 Jahren in der Tat zugenommen und wird gemäss Verkehrsperspektiven 2050 des Bundes weiter zunehmen. Dieses Wachstum wurde und wird überproportional stark von den Nationalstrassen aufgefangen. Bisher ohne, dass die Kapazität schritthalten konnte.

Quellen: ASTRA, BFS
Nicht nur das: Der Verkehr hat sich seit 2015 verstärkt auf das untergeordnete Strassennetz verschoben, weil die Nationalstrassen überlastet sind. Fakt ist, dass sich der Verkehr nach der Eröffnung neuer Bauwerke mässiger entwickelt als vorher (vgl. Bild oben). Keine Spur also von «Mehrverkehr durch neue Infrastrukturen». Der Verkehr entsteht, weil die Leute mobil sein wollen und die Wirtschaft und Bevölkerung der Schweiz wachsen. Ohne Investitionen verschlimmern wir nur die Auswirkungen an den Orten, wo die Menschen wohnen, leben und arbeiten.
Nationalstrassen als Arbeitspferd des Verkehrssystems
Die Nationalstrassen sind das Arbeitspferd des Verkehrssystems. Sie machen nur 3 Prozent des Strassennetzes aus, absorbieren aber 39 Prozent des motorisierten Individualverkehrs und 65 Prozent des schweren Güterverkehrs, das Meiste in den Agglomerationen. Wenn wir nicht besser zu ihnen schauen, belasten wir die Zentren, was wiederum die Verkehrssicherheit schmälert. Das kann niemand wollen. Exemplarisch steht das Projekt A1 Bern-Nord, wo die Nationalstrasse ausgebaut und sicherheitstechnisch optimiert wird, damit der Verkehr nicht auf die Durchfahrtsstrassen in den Agglomerationen ausweicht.

Quellen: ASTRA, Basler & Hofmann
Die pauschale Verurteilung der Strasse als nicht klimatauglich ist nicht nachvollziehbar: Die Elektrifizierung ist in vollem Gange. Die Zahl der neu zugelassenen Elektrofahrzeuge hat sich seit 2019 etwa vervierfacht. Zusammen mit Hybriden und anderen alternativen Antrieben machen sie schon über 50 Prozent der Neuzulassungen aus.
Individuelle Mobilität erfüllt ausserdem andere Bedürfnisse als die kollektive Mobilität des öffentlichen Verkehrs. Gerade in ländlichen Gebieten ist die Strasse schlicht flächen- und ressourceneffizienter als leere Busse und Züge. Im Güterverkehr wird in Zukunft nichts an emissionsfreien LKW vorbeiführen.
Es ist also offensichtlich: Der Strassenverkehr hat sicher seine Schwächen. Einen nachhaltigen Verkehr gibt es aber nur, wenn wir zu allen Infrastrukturen Sorge tragen, den Nationalstrassen und dem Schienenverkehr. Politische Verweigerung ist schlicht verantwortungslos.